Dienstag, 17. April 2007

Bildung in Deutschland

Gestern Abend habe ich in eine Sendung in der ARD gezappt und war gefesselt:
Schuleingangsuntersuchungen und Unterricht in einer 1. Grundschulklasse!
Was ist in meinem Gedächtnis hängengeblieben? Eine sehr engagierte Lehrerin, die ihre Zeit z.B. damit vertrödeln muß, Kindern die Schuhe zuzubinden, weil 6- und 7-jährige diese Kunst nicht mehr beherrschen.
Dazu fällt mir ein, dass bei uns der Schuhkauf jedesmal eine Katastrophe ist. Was denken sich die Schuhproduzenten eigentlich dabei, fast nur noch Schuhe mit Klettverschlüssen anzubieten? Kinder, die Schnürschuhe bevorzugen, haben Pech gehabt! Und die Mütter dürfen durch Dutzende Läden tigern!
Außerdem mußte die Lehrerin den Kindern die Angst vor dem Ball nehmen, denn auch Ballspielen gehört zu den Tätigkeiten, die heutzutage oftmals erst im Sportunterricht gelernt werden - kann es etwas Traurigeres geben??
Was ist das für eine Welt, in der Kinder nicht mehr gefahrlos auf dem Spielplatz oder Sportplatz spielen können - so es diese Einrichtungen überhaupt gibt und sie nicht schon dem nächsten Straßenprojekt oder Supermarkt weichen mußten!!
Erschreckend, ebenfalls aus dem Sportunterricht, dass viele der Kinder keinen Hampelmann hüpfen konnten. Arme und Beine konnten nicht koordiniert werden!
Katastrophal waren auch die Vorstellungen bei den Schuleingangsuntersuchungen! Viele der Kinder haben zwar im Alter von 5 Jahren schon einen eigenen Fernseher, können aber die einfachsten Sätze oder Wörter nicht nachsprechen!
Bemerkens- und bewundernswert, mit welcher Geduld die Ärztin zu Werke gegangen ist...
Wirklich erstaunlich fand ich die Haltung mancher Eltern, die interviewt wurden. Obwohl die gezeigten Mütter nicht berufstätig waren, fühlten sich die Eltern nicht wirklich für die Erziehung verantwortlich, sondern meinten, dass das ja wohl Sache der Schule wäre.
Ich bin zwar schon der Meinung, dass viele Lehrer mehr Engagement an den Tag legen sollten, aber wenn ich sehe, womit sie täglich zu kämpfen haben, dann tun sie mir auch leid. In Berlin wird die Situation sicherlich noch schlimmer sein als in Schwaben, wo die Dokumentation gedreht wurde.
Schlimm ist die Lage natürlich nicht nur für die entwicklungsverzögerten Kinder, sondern auch für die Klassenkameraden, die normal entwickelt sind, denn die werden ständig gebremst, müssen sich dem langsamen Lerntempo anpassen und langweilen sich entsprechend. Daraus entwickelt sich dann ganz schnell der nächste Krisenherd für die Lehrerin...

1 Kommentar:

L. Hoppe hat gesagt…

Ich fand die Reportage etwas zwiespältig. Auf der einen Seite wurden zwar die Probleme aufgezeigt, auf der anderen Seite aber nicht die Lösungsansätze. Ich habe zwei Kinder im Grundschulalter und sehe derzeit sehr interessante Lösungsansätze an einer Schule, die jahrgangsübergreifenden Unterricht anbietet. Ich stand diesem System zunächst sehr kritisch gegenüber, muss aber langsam feststellen, dass es tatsächlich funktioniert. Es läuft (extrem ausgedrückt) so, dass die Lehrerin den lernschwachen Schülern unter die Arme greift, während die übrigen Schüler mit vergleichsweise wenig Anleitung alleine - meist aber in Gruppen sich selbst Stoff erarbeiten.

Das Problem liegt ja nicht nur bei den "schwachen" Kindern, sondern vielmehr darin begründet, dass es nach wie vor viele "normale" und "starke" Kinder gibt. Die Schere in der Leistungsfähigkeit der Kinder klafft immer weiter auseinander, frontaler Pauschalunterricht findet daher immer weniger Gehör, weil die Zuhörergruppe zu vielfältig ist.